Die Konzilsfresken der Dreifaltigkeitskirche Konstanz. Lindenberg (Josef Fink) 2015, 16 S.

Die Wandbilder in der ehemaligen Augustinerkirche (Dreifaltigkeitskirche) entstanden 1417 auf Veranlassung und auf Kosten König Sigismunds. Über ihre Entstehung und ihren Inhalt unterrichten uns zeitgenössische Dokumente in bemerkenswerter Ausführlichkeit. Die Bilder sind der bedeutendste materielle Überrest des Konstanzer Konzils an seinem Austragungsort. Ihre Wiederentdeckung im Jahre 1907 und ihre seitherigen Restaurierungen bilden zugleich ein aufschlussreiches Kapitel der jüngeren Konstanzer Kirchengeschichte.

Individuum und Persönlichkeit im Hochmittelalter. Stuttgart (Kohlhammer) 2014, 270 S.

In den Jahrzehnten um 1100 fand ein Mentalitätswandel statt, der mitunter als „Entdeckung des Individuums“ bezeichnet wird: Das Verständnis für die Motive, Bedürfnisse und Ansprüche einer Person wuchs ebenso wie die Bereitschaft, ihnen mehr Raum zu geben. Dieser bemerkenswerte Vorgang ist in der Mittelalterforschung unter ganz verschiedenen Aspekten untersucht worden. Das vorliegende Buch versammelt die wichtigsten Argumente und überprüft ihre Tragfähigkeit. 

Darüber hinaus wird nach der Struktur dieses hochmittelalterlichen Individualisierungsschubes gefragt. Wie Beobachtungen aus der Entwicklungspsychologie und der Ethnologie vermuten lassen, wurde er von einem tiefgreifenden Wandel verursacht, der die Gesellschaft damals erfasst hatte: Dem Einzelnen wurden komplexe Anpassungsleistungen abverlangt, die eine tiefere Einsicht in seine und seiner Mitmenschen Innenwelten begünstigten. 




Die Viersäftelehre als Persönlichkeitstheorie. Zur Weiterentwicklung eines antiken Konzepts im 12. Jahrhundert. Ostfildern (Thorbecke) 2013, X u. 294 S.

Die antiken Ärzte sahen vier Säfte als Ursachen körperlicher und seelischer Leiden an: Blut, gelbe oder rote Galle, schwarze Galle und Schleim. Im frühen 12. Jahrhundert ging man dazu über, auch das gesunde Verhalten als eine Auswirkung dieser Körpersäfte zu betrachten. Seither kann man Menschen als heitere Sanguiniker, aufbrausende Choleriker, schwermütige Melancholiker oder träge Phlegmatiker charakterisieren.

Diese Innovation erlaubte es, das typische Verhalten und Handeln eines Menschen zu beschreiben und vorauszusagen, ohne auf soziale oder moralische Zuschreibungen zurückgreifen zu müssen. Erstmals ist hier in der europäischen Ideengeschichte ein klares Konzept der Persönlichkeit erkennbar. Besondere Resonanz fand es im monastischen Denken; bei Hildegard von Bingen bildet es das Verbindungsglied zwischen der Kosmologie und der Heilkunde.

Besprochen von: Veit, Raphaela in: Historische Zeitschrift 300 (2015), S. 483 f.                 Schmolinsky, Sabine in: Francia-Recensio (2014), 3, Online-Rezension  

               


Fundmünzen aus Kempten. Katalog und Auswertung der in Kempten (Allgäu) gefundenen Münzen und münzähnlichen Objekte aus dem Mittelalter und der Neuzeit (Allgäuer Forschungen zur Archäologie und Geschichte 2). Friedberg (Likias) 2007, 446 S., 1556 Abb., 7 Karten, Tabellen.

Rund eintausend mittelalterliche und neuzeitliche Münzen kamen in der Kemptener Altstadt bei archäologischen Ausgrabungen und Baumaßnahmen zutage. Sie sind eine wertvolle Quelle für die Wirtschaftsgeschichte Kemptens, denn sie zeigen, aus welchen Gegenden das Geld floss und welchen Veränderungen diese Geldströme unterworfen waren. 

Das Buch umfasst einen durchgehend bebilderten Katalog und eine detaillierte geldgeschichtliche Auswertung. Das reiche Kemptener Fundgut erweist sich als Teil des allgemeinen Geldumlaufs im deutschen Südwesten, spiegelt aber auch Besonderheiten der Kemptener Stadtgeschichte wider. 

Besprochen von:                                                                                                                          Kampmann, Ursula in: Münzenrevue 39 (2007), Heft 11, S. 51.
Emmerig, Hubert in: Schweizer Münzblätter 58 (2008), Heft 231, S. 90 f.
Matzke, Michael in: Geldgeschichtliche Nachrichten 43 (2008), Heft 239, S. 236–237.
Prokisch, Bernhard in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 71 (2008). PDF



Stetten im Mittelalter. Die frühe Geschichte eines Dorfes im Linzgau (Studien zur Kulturgeschichte, Bd. 2). Konstanz (Verlag am Hockgraben) 2003, 160 S., Karten.

Zum kleinen Dorf Stetten, bei Meersburg gelegen, liegt eine bemerkenswert reiche mittelalterliche Überlieferung vor. Die erste Erwähnung erfolgt früh, nämlich in einer St. Galler Traditionsurkunde von 752; sie hält fest, dass ein Grundherr seinen Hof zu Alt-Stetten und weitere im Linzgau gelegene Höfe und Eigenleute dem Kloster St. Gallen übergab. In den folgenden Jahrhunderten sind weitere Grundherren in Stetten nachweisbar, nämlich das Konstanzer Domkapitel, die Grafen von Veringen, das Kloster Salem, das Augustinerchorherrenstift Kreuzlingen, das Konstanzer Heiliggeistspital, das Kloster Weingarten und der Meersburger Dominikanerinnenkonvent. Als Territorialherrschaft setzte sich das Hochstift Konstanz durch. Stetten war im späten Mittelalter ein Teil der bischöflichen Herrschaft Meersburg; eine bischöfliche Vogteisteuerliste von etwa 1300 beleuchtet die Wirtschafts- und Sozialgeschichte dieser Zeit. Besondere Aufmerksamkeit verdienen die kirchlichen Verhältnisse, namentlich die wechselnden Zuständigkeiten der Pfarrkirchen von Seefelden und Meersburg sowie der Kapelle auf dem Kelhof des Domkapitels.

Besprochen von: 
Huth, Volkhard in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 62 (2006), S. 813 f. PDF
Niederstätter, Alois in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 124 (2006), S. 244. online
Schmauder, Andreas in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 64 (2005), S. 619 f.


Der Schwabenspiegel – übertragen in heutiges Deutsch mit Illustrationen aus alten Handschriften. München (C. H. Beck) 2002, X u. 506 S., 95 Abb.

Der Schwabenspiegel ist neben dem Sachsenspiegel das bedeutendste deutsche Rechtsbuch des Mittelalters.
Erstmals wird eine Übertragung in heutiges Deutsch vorgelegt. Übersetzt wurde der komplette Text mit dem Land- und dem Lehenrecht. Damit ist es jetzt jedem möglich, das Rechtsbuch ohne Mühe flüssig zu lesen und sich eine Fülle anschaulicher Details aus dem mittelalterlichen Recht zu erschließen.
Erstmals werden die Bilder der Brüsseler Handschrift veröffentlicht, der einzigen durchgehend illustrierten Handschrift mit vielen detailreichen Abbildungen. Ergänzend sind rechtserhebliche Illustrationen aus anderen Handschriften wiedergegeben.
Die ausführliche Einleitung bewertet den Schwabenspiegel neu, indem sie in Erinnerung ruft, dass er ebenso verbreitet war wie der Sachsenspiegel. Er kam im deutschen Sprachraum von Straßburg bis nach Siebenbürgen und von Lüneburg bis nach Breslau zur Anwendung; Übersetzungen ins Tschechische, Französische und Lateinische belegen seine fernere Ausstrahlung. Gleichwohl wird der Schwabenspiegel immer noch als gegenüber dem Sachsenspiegel nachrangig behandelt. Dies beruht auf einer Fehleinschätzung der älteren rechtsgeschichtlichen Literatur, die dem Schwabenspiegel vorwarf, das reine deutsche Recht des Sachsenspiegels durch kirchliche und gelehrte Einflüsse getrübt zu haben.
Mit ausführlichen Erläuterungen und Registern dient das Buch nicht nur der rechtshistorischen Forschung. Auch allgemein an Rechts- oder Regionalgeschichte interessierte Leser, Juristen und Studenten finden einen Zugang zum Recht des      späteren Mittelalters. 

Besprochen von:
Naß, Klaus in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 60 (2004), S. 279. PDF
Lieberwirth, Rolf in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 121 (2004), S. 643 f.
Ott, Sieghart in: Vorgänge, Zeitschrift für Bürgerrechte und Gesellschaftspolitik 42 (2003), H. 161, S. 142 f. PDF
Volkert, Wilhelm in: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 65 (2002), S. 1112–1114.
                                                                                         Ott, Norbert H. in: Süddeutsche Zeitung Nr. 284 vom 9. Dez. 2002, S. 18. PDF


Die Ministerialen des Hochstiftes Konstanz (Vorträge und Forschungen, Sonderband 45. Hg. Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte). Zugl. Diss.; Stuttgart (Thorbecke) 1999, 579 S., Faltkarte. 

Das Urkundenarchiv der Bischöfe von Konstanz setzt mit dem Jahr 1150 ein. Von da an sind die Namen von etwa 15 Geschlechtern überliefert, die über mehrere Generationen Ministeriale hervorbrachten und ganz oder überwiegend der Konstanzer Kirche verpflichtet waren. Weitere neun Geschlechter stellten gelegentlich Konstanzer Ministeriale; hinzu kommen zwölf meist singulär als Konstanzer Ministeriale ausgewiesene Einzelpersonen. Die Konstanzer Dienstmannschaft war also klein; dieser Umstand erlaubt ihre annähernd vollständige Erfassung.
Im 12. Jahrhundert wirkten die Ministerialen zumeist als Meier auf bischöflichen Fronhöfen, sofern diese in Verdichtungsräumen Konstanzer Güter und Rechte lagen, namentlich in den geschlossenen Grundherrschaftsbezirken und in den Forst- und Wildbännen. Seit etwa 1200 strebten die Konstanzer Bischöfe den Aufbau eines geschlossenen Territoriums rund um den Bodensee an; dabei kam den Ministerialen eine Schlüsselrolle zu, indem sie, nun meist als milites, von den landesherrlichen Burgen der Bischöfe aus die Vogteien über die umliegenden Orte ausübten. Über ihre weiteren Funktionen sind wir schlecht unterrichtet. Insbesondere ist unklar, ob die Marschälle, Schenken und Truchsessen konkrete Versorgungsaufgaben übernahmen oder lediglich repräsentative Ehrentitel trugen. Die Wehrhaftigkeit und Gewalttätigkeit Konstanzer Ministerialer ist mehrfach bezeugt; kriegerische Konflikte der Konstanzer Bischöfe entschieden jedoch nicht sie, sondern das Aufgebot der Vasallen. Auf die politischen Entscheidungen der Bischöfe konnten die Ministerialen keinen Einfluss nehmen, ganz im Gegensatz zu den Verhältnissen der benachbarten Abtei Reichenau.
Die Königswahl Rudolfs von Habsburg im Jahre 1273 bildete einen Einschnitt. Rudolfs Revindikationen beendeten die ohnehin verspätete und auf einer zu schmalen Basis gegründete Konstanzer Territorienbildung. Das bischöfliche Territorium blieb fortan auf einige verstreute Dorf- und Kleinstadtgemarkungen beschränkt und bot den Ministerialen keine Entfaltungsmöglichkeiten mehr. Die ambitionierteren Ministerialen begaben sich in den Reichsdienst oder lehnten sich an die konkurrierende Abtei St. Gallen an; etliche ihrer Nachkommen behaupteten sich als respektable Niederadelige. Die wenigen Konstanzer Ministerialengeschlechter, die ihrem Dienstherrn loyal blieben, verarmten dagegen und starben im Laufe des 14. Jahrhunderts aus.
Zur Entstehung und Ausgestaltung des Konstanzer Stadtbürgertums haben die Ministerialen, entgegen einer verbreiteten Literaturmeinung, nicht beigetragen.

Besprochen von:
Losse, Michael in: Hegau 59 (2002), S. 292–294.
Weigl, Herwig in: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 110 (2002), S. 410 f.
Andermann, Kurt in: Zeitschrift für Historische Forschung 29 (2002), S. 107 f.
Ders. in: Historische Zeitschrift 272 (2001), S. 173 f.
Eberl, Immo in: Blätter für Württembergische Kirchengeschichte 101 (2001), S. 374–376.
Hruza, Karel in: Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees und seiner Umgebung 119 (2001), S. 333–336. online
Rückert, Peter in: Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte 60 (2001), S. 483 f.
Seibert, Hubertus in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 56 (2000), S. 763.
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